Diverses


Wie funktioniert der wankelmotor?  


Sollten Begriffe wie Epizykloïde, Epitrochoïde, Exzentrizität oder Stator auch nicht zu Deinem alltäglichen Wortschatz gehören oder Du zu den sympathischen Zeitgenossen gehörst, der in Geometrie gelegentlich die Grippe hatte, dann nimm mir eine stark vereinfachte Erklärung des Wankel- oder Drehkolbenmotors bitte nicht krumm.



Ein Dreieck mit gekrümmten Kanten, das exzentrisch, also nicht in der Mitte, drehbar gelagert ist, dient als sogenannter Drehkolben. Er dreht sich, um nicht zu sagen “er eiert“, in einer etwa 8-förmigen Brennkammer. Dabei führt er gleichzeitig drei der vier Arbeitstakte - Ansaugen, Komprimieren, Verbrennen, Ausstoßen - aus, da der Kolben gleichzeitig drei Kammern wechselnder Größe mit Luft-Benzin-Gemisch oder Abgasen begrenzt. Das bedeutet, das der Kolben bei einer Umdrehung nicht wie beim Ottomotor einen halben Arbeitszyklus ausführt, sondern drei. Durch die Übersetzung des in dem Drehkolben liegenden Ritzels, das mit der Motorwelle verbunden ist, ergibt eine Kolbenumdrehung drei Umdrehungen der Motorwelle. Die Form von Brennraum und Drehkolben bewirken nicht nur die Kompression des Gemischs durch die Drehung des Kolbens sondern sind auch verantwortlich für den extrem vibrationsarmen Lauf des Motors, da es entgegen Hubkolbenmotoren keine sich hin und her bewegenden Teile gibt. In Versuchen Dr. Felix Wankels haben z. B. völlig ruhig laufende Motoren Motordrehzahlen von bis zu 24.000 Touren erreicht.





Kantiges Genie

Zum Tode von Felix Wankel

Für die Autowelt war 1988 ein schlimmes Jahr: Seit Januar verstarben Donald Healey und Piero Taruffi, Egon Brütsch, Harry Mundy, Enzo Ferrari, Bill Mitchell, Alec Issigonis und Felix Wankel. Während die Engländer Issigonis als ,,Britain's most famous car designer" ehrten (The Times, 4. Oktober 1988) und Staatspräsident Cossiga Ferrari als Symbol eines besseren Italiens' bezeichnete, begnügten sich deutsche Tageszeitungen mit indifferenten Wenigzeilern. Mal gilt Wankel als genial, mal als Eigenbrötler, sein Motor wird als konstruktiv problematisch hingestellt (Süddeutsche Zeitung, 13. Oktober 1988). Weder das eine noch das andere trifft so zu. Was hat Wankel uns hinterlassen, wie ist er als Erfinder einzustufen, was für ein Mensch war er? 




Schwierig, heute schon Antworten zu geben. Zeitliche Distanz ist erwünscht, es sei denn, es bleibt beim Versuch oder bei persönlicher Meinung. Wäre Wankel als einer jener rechtschaffenen, zeitlebens anonym bleibenden Ingenieure in der Autoindustrie angestellt gewesen, hätte sich kein Mensch an ihm gerieben. Hier nun aber erdreistete sich ein Branchenfremder und Außenseiter, ein Mann ohne Titel und Führerschein, mit einer Rotationskolben-Maschine den Hubkolbenmotor und damit den Welt-Motorenbau in Frage zu stellen das mußte zu Anfeindungen, zu Verleumdungen führen.

Vertreter aus Wissenschaft, Technik und Wirtschaft, sonst an präzises Denken gewöhnt, übertrugen ihre Abneigung gegen ein Motorenprinzip, das sie vielfach nicht verstanden, auf die Person Wankels. Rein technische Besonderheiten, wie die angeblich zu langen Dichtflächen oder der ungünstige Verbrennungsraum des Wankelmotors, mündeten nicht selten in abfällige Bemerkungen über dessen Erfinder, der ja noch nicht einmal ein Ingenieur-Studium vorweisen konnte. In solchen Augenblicken kommt mir der Förderer des Wankelmotors und Vorstandsvorsitzende von NSU, Gerd Stieler von Heydekampf, in den Sinn, der in ähnlichen Situationen sein Gegenüber schärfer musterte und ihn im Stillen fragte: "Kannst du dem Wankel das Wasser reichen?"

Über Untersuchungen an Abdichtungen bei Brennkraft-Maschinen und DrehschieberSteuerungen war Wankel auf brauchbare ventillose Gaswechsel-Steuerungen, au f Drehkolben-Verdichter und schließlich auf Dreh und Kreiskolben-Motoren gestoßen. Hinter diesen dürren Zeilen verbirgt sich ein Arbeitsleben oder rund 35 Jahre Forschungsarbeit, angefüllt mit Rückschlägen, Irrwegen, Enttäuschungen, aber auch mit Erfolgen. Es ist Wankels Verdienst, aus der schier endlosen Anzahl möglicher Bauformen eine geeignete Rotationskolben-Maschine bestimmt und deren Dichtungsfrage gelöst zu haben. Womit wir beim ersten Auto mit Rotationskolben-Motor wären, dem NSU Wankel Spider mit einem hauptsächlich von NSU entwickelten Kreiskolben-Motor, Wichtiger als die Stückzahl von 2375 war die Tatsache, daß der mehr als Versuchsträger angesehene Wagen lief, und zwar unproblematischer, als Werk und Kunden angenommen hatten. Leistungsgesteigerte Wankel Spider fuhren 1,5und 2-Liter-Hubkolben Wagen im Renneinsatz auf und davon. Erstmals besiegte ein Auto mit Rotationskolben-Motor andere Wagen mit Hubkolben-Motoren! Ein technikgeschichtliches Ereignis. Bis etwa Mai 1974 kann von einer regelrechten Wankel-Euphorie gesprochen werden, gekennzeichnet von Lizenzeinnahmen weltweit, von der Vorstellung von Prototypen und den 1967 herausgebrachten Serien-Wankelautos NSU Ro 80 und Mazda Cosmo. Dann kam die Wende: General Motors und Daimler-Benz, damals noch Firmen mit Pilotfunktion, gaben weitgediehene Wankel-Projekte auf. Peugeot stoppte 1975 die erst im Vorjahr angelaufene Birotor-Produktion der Konzerntochter Citroen, Audi verfuhr zwei Jahre später ebenso mit dem von NSU übernommenen Ro 80. Fast alle anderen Lizenznehmer beendeten ihre Arbeiten am Wankelmotor und nahmen sie nicht wieder auf, ausgenommen die Norton Villiers Triumph Group, die seit 1982 wieder ein Norton-Motorrad mit Kreiskolben-Motor baut. Was war geschehen? Die negativen Begleiterscheinungen der Massenmotorisierung hatten in den USA ab Mitte der sechziger Jahre Verbrauchsund Abgasvorschriften zur Folge. Spätestens jetzt rnußten die amerikanischen Firmen daran denken, ihre technisch überholten, grundsätzlich falschen Autos durch wirtschaftlichere Personenwagen zu ersetzen. Das erforderte Investitionen. Die zusätzliche Einführung eines neuen Motorenprinzips hätte die Finanzkraft der jeweiligen Firmen überfordert, zumindest die Dividenden-Ausschüttungen beeinträchtigt. Auch europäische Firmen rechneten mit der Neuanschaffung von etwa 75 Prozent der Motoren-Fertigungseinrichtungen . So strauchelte Wankels Kreiskolben-Motor nicht an technischer Unzulänglichkeit, sondern an Investitionsscheu, an Kurzsichtigkeit und auch an Emotionen, wobei die unglückliche weltwirtschaftliche Konstellation, hervorgerufen durch das von der OPEC künstlich verteuerte und verknappte Erdöl (Energiekrise 1973/74), den Vorwand lieferte. Nur Mazda baute Wankelautos unbeirrt weiter. Treibende Kraft war Kenichi Yamamoto, damals Direktor für Forschung und Entwicklung, heute Chairman von Mazda. Parallelen zum Dieselmotor drängen sich Nach der Diesel-Euphorie ab 1897 sprang eine Firma nach der anderen wegen technischer Schwierigkeiten wieder ab. Nur Heinrich Buz, Leiter der MAN-Vorgängerfirma ,Maschinenfabrik Augsburg', ließ gegen alle Widerstände weiter forschen und entwickeln. Mit Erfolg, wie man sieht. Was wäre aus dem Dieselmotor und MAN ohne Buz geworden? Wird Yamamoto der Buz des Wankelmotors werden?

Bis heute sind etwa 1,6 Millionen Kreiskolben-Autos gebaut worden, Beweis genug, daß Wankels Erfindung alltagstauglich und in vieler Hinsicht dem Hubkolben-Motor überlegen ist. Ohne Bedenken kann Wankel neben die großen Motoreningenieure Nicolaus August Otto, Carl Benz, Gottlieb Daimler, Wilhelm Maybach und Rudolf Diesel gestellt werden. Gefahr besteht je doch, daß der Begriff Wankelmotor vergessen wird. Das Ausland, allen voran Mazda und Norton, spricht von Rotary Engine, die deutsche Industrie erörtert den Wankelmotor nicht mehr. Das sind keine guten Voraussetzungen, das Erbe Wankels fortzusetzen.

Wankel gehört zu den wenigen Erfindern, die noch zu Lebzeiten von ihren Erfindungen profitierten. Die Umsetzung seiner geistigen Leistung hatte volkswirtschaftliche Bedeutung, wenn nicht für Deutschland, so doch für Japan. Das hat Wankel bekümmert. Als patriotisch eingestellten Badenser schmerzte es ihn, daß sich die deutsche Industrie mit Ausnahme von NSU zögerlich verhielt, daß es zwischen BMW und NSU/ Wankel zu Patentstreitigkeiten kam und daß schließlich sein Motor im eigenen Land wie eine heiße Kartoffel fallengelassen wurde. Dennoch war seiner Erfindung, wie auch der von Diesel, allen Spöttern, Neidern und Bremsern zum Trotz -Erfolg beschieden - insofern hätte Felix, der Glückliche, mit sich und seinem Werk zufrieden sein können.

Er war es nicht. Ahnungsvoll schloß er 1963 seine ,Einteilung der Rotations-Kolbenmotoren' mit dem Satz, daß dieses Maschinengebiet ,,vermutlich .. noch mancherlei neue Möglichkeiten in sich bergen (wird)". Tatsächlich gelang ihm 1978 die Abdichtung eines neuartigen Zwejtakt Drehkolben-Motors, der im Vergleich zum ,herkömmlichen' Viertakt-Kreiskolbenmotor a la NSU und Mazda und zu Hubkolbenmotoren bei kleinerem Bauvolumen bedeutend mehr leisten und weniger verbrauchen soll. Mit der Entwicklung dieses DKM 78 und parallel dazu des Drehkolbenladers ,DeKoLader' beschäftigte sich Wankel während der letzten Jahre.

Weitgehend unbekannt blieb Wankeis Engagement im Umweltschutz, im Tierschutz und im Gesundheitswesen. Außer den üblichen Spenden rettete er ein Biotop, als der Stadtrat von Lindau einen Baggersee zur Müllkippe umfunktjonieren wollte. Er finanzierte die Anlage eines Schilfrohrstreifens am Lindauer Bodenseeufer und kaufte Grundstücke auf, um bedrohte Pflanzen zu schützen. Er rief einen mit jährlich     50.000Mark ausgestatteten Tierschutz-Forschungspreis ins Leben, um die Tierversuche der Pharma- und chemischen Industrie einschränken und eines Tages ganz einstellen zu können. Und endlich gründete er einen Krebshilfe-Fonds zur Bekämpfung einer Krankheit, der er schließlich selbst erlag. 

Und Wankel als Mensch? An seiner Person schieden sich die Geister. Seine Durchsetzungsf'reudigkeit verübelten ihm seine Gegner als Eigenbrötlerei, seine Beharrlichkeit als Sturheit. Sie warfen ihm Unberechenbarkeit vor und meinten seinen Charakter, der sich in kein Schema einordnen ließ. Dabei war Wankel ein sensibler, zuneigungsbedürftiger Mensch mit Hang zu einer kräftigen Sprache und feinsinnigen Gedichten, beinahe schon Poesie. Er diskutierte gern, erklärte geduldig, klagte zornig an, scheute keinen Konflikt, forderte schroff heraus, warf mit beißenden Bermerkungen um sich und besaß eine geradezu gefährliche Überzeugungskraft. Von Mathematik hatte er keine Ahnung, dafür um so mehr Gefühl für technische Zusammenhänge und Ergebnisse ein intuitiver, schöpferischer Autodidakt als Kontrapunkt zu den hochschulgebildeten Ingenieuren.
Felix Wankel blieb bis zu seinem Tode dem KreiskolbenMotor treu und ließ sich in diesem Ro 80 chauffieren er hatte keinen Führerschein!
Felix Wankel war nicht nur ein großer Erfinder, er war auch eine Persönlichkeit.

Q.: Erik Eckermann im MARKT 12/88 Seite 43 -45

 
Felix Wankel - Stationen seines Lebens 
13. 8. 1902  Wankel erblickt in Lahr bei Offenburg das Licht der Welt 
1920- 1921  Gymnasium in Weinheim bei Heidelberg 
1921-1926  Lehre als Verlagskaufmann 
1924- 1932  Erste Werkstatt, Bau einer Fahrmaschine (1927) 
1926-1932  Parteimitglied der NSDAP, Jugendführer 
1928- 1931  Abdichtungsversuche, auch Reparaturen 
1933  Erste Patentanmeldung einer Drehkolben-Maschine (DKM 32); 6 Monate Haft 
1934- 1936  Forschungsauftrag (Drehschieber-Steuerungen , auch Rotationskolben- Motoren) von BMW in der ,Versuchsabteilung Lahr' (Büro und Werkstatt im elterlichen Haus, Motorenprüfstand bei Firma Automatenbau) 
1936- 1945  Wankel-Versuchswerkstatt WVW in Lindau, Finanzierung durch das Deutsche Reich via Deutsche Versuchsanstalt für Luftfahrt DVL; Arbeit an Drehschieber-, Walzendrehschieber- und Scheibendreh- schieber-Steuerungen für Flugmotoren, Weiterarbeit an I)rehkolben Maschinen 
1944  Versuchslauf eines Drehkolben-Verdichters für Borsig 
1945  Haft und Forschungsverbot durch die Alliierten 
1951-1961  Technische Entwicklungsstelle TES Lindau (Wohnhaus Wankel). Auftragsarbeiten von: Goetze, 1951 (Kolbenringe, Abdichtungen); NSU, 1951 (Drehschieber-Steuerungen) ; Borsig, 1953 (Rotationskolben Luftverdichter DKM 53); NSU, 1954 (Drehkolben-Motor DKM 54) 
1956  NSU-Rekordfahrten (50 ccm Quickly ,Liegestuhl') mit Wankel- Drehkolben-Verdichter DKM 54 
1957  Wankel-NSU-Drehkolben-Motor DKM 54 auf dem Prüfstand 
1958  NSU-Kreiskolben-Motor KKM 57 auf dem Prüfstand 
1960  Prototyp NSU Prinz mit KKM 250 (30 PS) 
1961  Bau (nach Wankels Ideen) der architektonisch einzigartigen ;Technischen Forschungs- und Entwicklungsstelle TES' der Fraunhofer- Gesellschaft, Lindau (1973 Kauf durch Wankel und Hutzenlaub) 
1963  Vorstellung NSU Wankel Spider (KKM 502), Serienfertigung 1964-1967; erstes Serienauto mit Rotationskolben-Motor (1 Läufer) 
1963  Veröffentlichung von Wankels ,Einteilung der Rotationskolben-Maschinen', Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 
1967  Vorstellung Mazda Cosmo Sport; erstes Auto mit Zwei-I,äufer- Kreiskolben-Motor 
1967- 1977  NSU Ro 80 (KKM 612); erstes deutsches Auto mit Zwei-L.äufer- Kreiskolben-Motor 
1969  Verleihung der Ehrendoktor-Würde der TH München und Verleihung des VDI-Ehrenzeichens 
   
1970  Verleihung des großen Bundes-Verdienstkreuzes 
1971  Verkauf der Wankel GmbH an Lonrho Ltd. 
1971  Prototyp des hochseefähigen Wankel-Gleitflossen-Motorboots ,Zisch' mit Autobahn-Reisegeschwindigkeit 
1972  Stiftung des Felix-Wankel-Tierschutz-Forschungspreises 
1973  Verleihung des Bayerischen Verdienstordens 
1976  Wankel-Museum in Lindau, ab 1984 in Staad/Schweiz 
1986  Verleihung des Goldenen Ehrenrings des Deutschen Museums 
9. 10. 1988  Felix Wankel stirbt in Heidelberg 

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